Meraner Höhenweg
Ich habe fertig
Der Alltag hat einen hier sehr schnell wieder eingeholt, und doch möchte ich diesen Blog noch mit einigen Worten beenden.
Erst einmal möchte ich mich bei all denen bedanken, die mich in den letzten Monaten mit Emails und Kommentaren unterhalten haben, mir Zuspruch und Motivation gegeben und mich mit Informationen aus der Heimat auf dem Laufenden gehalten haben.
Viele Leute hat man in der Zeit kennen gelernt. Manche nur oberflächlich und einige werden einem ewig in Erinnerung bleiben. Alle möglichen Typen hat man hier auf dem Trail getroffen, welche von ganz “unten” und den ehemaligen Professor. Da fällt mir ein Typ ein, getroffen so nach ca. 3 Wochen. Er ging den ganzen Trail schon zum dritten mal. “Ask Kid”, oder so ähnlich war sein Name. Er sagte: Hier auf dem Trail triffst du alle Typen, alle. Nur zwei Sorten wirst du nicht treffen. Tennis- und Golfspieler. Ob das tatsächlich stimmt, kann ich nicht bestätigen. Auf jeden Fall hat man hier auch abseits des Trails eine Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Amerikaner erfahren, die ich unglaublich finde.
In der langen Zeit habe ich auch großes Glück gehabt, dass mir nichts passiert ist und ich nicht krank geworden bin. Der Norovirus und die Zecken haben mich nicht außer Gefecht gesetzt. Außer ein paar leichten Stürzen ist alles glimpflich verlaufen. Weiß nicht,wie oft ich mit den Fußgelenken umgeknickt bin. Aber nach einer Weile sind die Sehnen dort wohl so ausgeleiert, dass es einen nicht mehr geschmerzt hat. Man sich höchstens noch erschrocken hat.
Nun fehlte eigentlich nur noch eins. Ich musste mich noch zu guter Letzt vom Trail verabschieden. Und wie macht man das? Natürlich, indem man noch einmal an den Trail zurück kehrt. Von Millinocket gab es einen Shuttle zur Bushaltestelle nahe dem Interstate 95. Von dort per Bus 52 Meilen nach Bangor. Hier habe ich mir einen kleinen Leihwagen genommen, um nach Boston zum Flughafen zu kommen. Da ich mir gerne noch Souvenirs vom Trail mitnehmen wollte und die Outfitter hier in Maine nur sehr spärlich ausgestattet sind, habe ich mich noch einmal auf den Weg nach Lincoln NH gemacht. Den Ort auf dem Trail wohl mit meinem skurrilsten Übernachtungsort. “Chets Place”. Das Hostel in der Garage. Es ging noch einmal mit dem Auto durch die White Mountains. In Lincoln hatte der Outfitter schon zu. Im Chets Place habe ich Munich Bear wieder getroffen. Einer der ersten Deutschen Hiker, den ich am Fontana Dam nach gut einer Woche getroffen habe. Am nächsten Morgen in der Früh bringe ich Munich Bear und zwei Hikerin sowie ihre Hunde zurück zum Trail. Hier schließt sich für mich vielleicht der Kreis. Ich bin vom Hiker zum Trail-Angel geworden. Ein seltsamer Moment, die Drei bzw. Fünf auf der anderen Straßenseite im Wald verschwinden zu sehen.
Es sind dann am Ende 1902,9 Meilen zusammen gekommen. Was 87 % der gesamten Strecke entspricht. Plus der ungezählten Meilen zu Wasserstellen, Sheltern oder Campsites ab vom Trail. Fußmärsche in den Ort und zum Einkaufen. Darüber bin ich sehr zufrieden, auch wenn es für den Thru-Hiker nicht gereicht hat. Ich habe alle Highlights, wie die Smoky Mountain, Shenandoah-Nationalpark und die White Mountains mitgenommen. Und was mir wichtig war, ich bin bei Licht auf dem Mt. Katahdin gewesen.
Nun heißt es, sich ”in the real world” so schnell wie möglich wieder zurecht zu finden und den Trail und den Trailnamen im Herzen sein Leben lang bei sich zu tragen.
SAG NIEMALS NIE !!!
The Day After
Nee, nee …. So sollte Mt. Katahdin nicht davon kommen. Ich habe den Berg in den letzten Tagen bei so schönem Wetter gesehen. Kenne aus dem Internet so tolle Bilder. Das konnte noch nicht Alles gewesen sein. Schon beim Aufstieg gestern war mir klar, wenn das Wetter heute besser ist, gehe ich da noch einmal rauf. Die anderen Hiker hatten da zwar kein Verständnis für. Durfte mir dafür auch anhören “The German guy is crazy”. Soll er ruhig. Für mich ist es eher unbegreiflich, wie manche einen Trail über 2000 Meilen quasi im Dunkeln beenden. Das Hostel, in dem ich mich in Millinocket einquartiert habe, fährt jeden Morgen um 6:30 Uhr Gäste aus dem Haus in den Baxter State Park. Wie auch heute Morgen. Zwei Urlauberpärchen, die auch auf Mt. Katahdin wollen. Ich hatte es eilig. Habe mich am Parkplatz gleich verabschiedet. Es war erst einmal sonnig mit einigen Wolken. Nach ca. einer Meile überholt mich “laufend” der Ranger, der am Vorabend unsere Registrierung durchgeführt hat. Kurze Zeit später steht er am Wegrand, hält sich am Baum fest und erklärt mir, dass das wohl doch ein wenig zu schnell war. Er muss sich um zwei Hiker kümmern, die gestern den Abstieg nicht mehr geschafft haben und die Nacht ohne Zelt und Schlafsack am Berg verbracht haben. Das werden mit Sicherheit Tageswanderer gewesen sein. Ein zweites Mal hat er mich jedenfalls nicht überholt. Nach etwa einer Stunde werden die Bäume schon kleiner, und die ersten großen Steine kommt man nur auf allen Vieren hoch. Nach zwei Stunden sind die Bäume ganz verschwunden. Es geht nur noch über große Felsen. An wenigen Stellen sind sogar Eisenbügel in die Felsen eingebracht worden, um dort Halt beim Hochklettern zu finden. Die Aussicht ist grandios. An einer Stelle geht es schätzungsweise 500 Meter im 45° Winkel quasi auf einer Kammspitze aufwärts. Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass ich hier gestern schon mal gewesen bin. Etwa eine Stunde bevor ich erneut auf dem Gipfel bin ziehen wieder große Wolken auf. Die Aussicht ist davon aber nicht beeinträchtigt. Mit fotografieren und filmen dauert es heute etwa 4 Stunden 15 Minuten. Es herrscht reger Betrieb hier oben. Auch heute sind nur etwa zehn Thru-Hiker hier oben, die das Ende mit Sekt und Zigarren feiern. Ich treffe auch drei bekannte Gesichter wieder. Halt mich hier aber erst einmal zurück. Camel muss mich dann aber doch noch einmal auf dem Schild in Siegerpose fotografieren.
Für den Rückweg habe ich mir allerdings eine andere Route vorgenommen. Von hier aus geht es über die “Knife Edge”, oder ich übersetze, die “Messerklinge” etwa 1,5 Meilen auf über 1500 Meter Höhe im großen Bogen weiter. Und hier sieht man dann wieder, dass wir in Amerika sind. Hier gehen Leute über die Felsklippen, die sind so alt, die würden im Harz nicht mal auf den Wurmberg, geschweige denn auf den Brocken gehen. Ein kleines Mädchen würde ich auf gerade mal acht Jahre schätzen. Vom Mt. Katahdin bis zum anderen Ende brauche ich zwei Stunden. Und hier wird dann richtig geklettert. Meine Mutter möge es mir verzeihen. Bis zum Ende dieses kleinen Tagesausfluges sind es noch einmal 3,2 Meilen, die sich ewig hinziehen. Unten am Parkplatz muss ich das allerletzte mal trampen. Ist auch kein Problem. Es stehen noch einige Autos hier herum. Nach etwa einer Viertelstunde kann ich beim dritten Wagen meinen Rucksack in den Kofferraum schmeißen. Ich bin Heute mal wieder gerne verrückt gewesen.
Tag 136: 26.08.2013
Was hier gut klappt im Amyland, das muss ich sagen, sind die Wettervorhersagen. Wir hatten nun gefühlt 14 Tage Sonnenschein. (wenn es Nachts mal geregnet hat, soll’s mir auch egal sein) Da bietet sich ein Tag wie heute gerade dazu an, mal wieder schlechtes Wetter aufzufahren. Einige Hiker hier hatten nicht ihren Bärenbeutel an die “bear line” gehängt. Nein, gleich den ganzen Rucksack. Die sind in der Nacht also wieder raus und haben ihre Sachen in Trockenheit gebracht. Ich habe meine Sachen schon seit Vermont nicht mehr aufgehängt. Um 4:00 Uhr hat es dann richtig geregnet. Am Morgen stand für alle Leute fest, heute geht es auf “Katahdin”. Für die 5,1 Meilen haben wir ca. 4 Stunden gebraucht. Kurz vor dem Gipfel kamen uns schon die ersten Thru-Hiker völlig durchnässt wieder entgegen. Ich glaube, wir konnten eigentlich keine 30 Meter weit gucken. Auf dem Weg zum Gipfel bin ich auch von anderen Hikern gefragt worden, ob man auch emotional aufgewühlt ist. Da ich hier eigentlich gar nicht so richtig wusste, wo ich hier überhaupt bin, sind mir hier Emotionen auch egal gewesen. Nach einem etwa 30minütigen Fotoshooting am Trailende, ging es mit kalten und nassen Fingern gegen den Wind wieder nach unten. Der Rückweg hat auf dem nassen Untergrund dann wohl fünf Stunden gedauert. Unten am Parkplatz hat uns dann netter Weise eine Frau versprochen, dass wir alle ( Fünf ) mit ins 24 Meilen entfernte Städtchen Millinocket mitfahren können. Der Haken an der Sache, – wir mussten warten, bis ihr Mann auch vom Gipfel zurück ist. Nach etwa eineinhalb Stunden war es dann soweit. Da standen wir sogar plötzlich mit 9 Hikern in der Runde. Es gab noch eiskaltes Bier.
Und da, ja da kam ein wenig Wehmut auf.Alle haben sich verabschiedet.
D a s w a r ‘ s . . . .
Tag 135: 25.08.2013 noch 5,1 von 2186 Meilen
Windig und kalt war es am Morgen. Aber, da ja keiner am hetzen ist, bin ich um 8:00 Uhr auch erst aus dem Zelt. Im Restaurant und Laden hier am Campground haben die tatsächlich Wifi, verraten mir das Passwort aber nicht. Schade !!! Im Laden kauf ich was fürs Frühstück ein. Am nächsten Campground, kurz vor Katahdin, soll es noch einmal einen Laden geben. Der Weg ist heute sehr flach. Mit dem leichten Rucksack ist es so wie so leicht zu gehen. Es kommen aber noch einmal drei Flüsse, die man nicht mal so eben über einen Baumstamm oder über Steine überqueren kann. Beim dritten geht mir das Wasser sogar über die Knie. Meine Kamera und mein Smartphone sind sicher in einem Zippbeutel verpackt. Ohne größere Pausen sind wir nach fünf Stunden am Campground 5,1 Meilen vor Mt. Katahdin. Was ziemlich schlecht ist. Wer auch immer behauptet hat, hier gäbe es noch einmal einen Laden. Die Info war falsch. Ich habe eigentlich nichts mehr zum Essen. Sybil schleppt aber noch drei überflüssige Mahlzeiten mit sich rum. So gibt es bei mir Morgen zum Frühstück noch einmal Spagetti. Am Campground freuen sich alle auf Morgen. Da es hier weiter nichts mehr zu erleben gibt, sitzen wir schon um 17:00 Uhr am Lagerfeuer. Ich schlafe die letzte Nacht im Shelter. Um 19:00 Uhr taucht plötzlich BMW hier auf. Hat heute noch einmal einen 25 Meilen Tag hingelegt. Damit hat er uns in so kurzer Zeit auch mit unseren 130 geschuttleten Meilen wieder eingeholt. Alle Leute erzählen noch lustige Geschichten vom Trail.
Tag 134: 24.08.2013 noch 15,1 von 2186 Meilen
Warum auch immer, ich habe die Nacht äußerst gut geschlafen. So ein rauschender Fluss wirkt inzwischen wohl schon beruhigend. Um 6:50 Uhr habe ich meinen super leichten Rucksack auf dem Rücken. Der führt heute zum Abol Bridge Campsite, was für mich heißt, noch einmal 15 Meilen. Zweimal ist heute wieder eine super Sicht auf Mt. Katahdin. Keine Wolke am Himmel. Gegen 14:00 Uhr überholen mich innerhalb kurzer Zeit zwei alte Bekannte/in.
The German Claus, inzwischen Dr. Pepper, habe ich seit Virginia nicht mehr gesehen, und Green Bean. Mit ihr war ich zusammen im Haus von John & Susan in New Jersey. Das Campsite am Abend ist privat. Kostet pP. 10,00 $. Liegt schön am Wasser. Dusche ist auch was Feines. Und aus meinem Zelt habe ich ein weiteres Mal Sicht auf Katahdin. Bei meiner Ankunft gibt es erst einmal drei Kugeln Eis. Am Abend noch ein anständiges Dinner. Man merkt jetzt, dass es am Abend doch schon recht frisch wird.
Tag 133: 23.08.2013 noch 30,1 von 2186 Meilen
Nach meiner Bootstour gestern Abend habe ich noch versucht, mit Isomatte und Schlafsack in der Hängematte zu schlafen. Leider hat es dann leicht angefangen zu regnen. Was unter den Bäumen erst einmal nicht tragisch war. Als es dann überhaupt nicht aufhören wollte, bin ich wieder zurück in den großen Schlafraum. Kurze Zeit später hat es dann richtig gegossen. Nach einem zünftigen Frühstück wurden wir mit dem Motorboot wieder rüber gebracht. Jetzt brauchten wir auch nur noch etwa 200 Meter zu Fuß zurück zum Trail gehen. 15 Meilen heute. Der Weg über Steine und Wurzeln ist erst einmal ziemlich rutschig. Gegen Mittag kommen wir ein weiteres Mal an einen Aussichtspunkt, von dem aus man Mt. Katahdin sehen kann. Luftlinie sollen es sogar nur 16 Meilen sein. Meine Ankunft am Rainbow Stream Shelter zieht sich hin. Die letzten fünf bis sechs Meilen fallen mir jeden Tag richtig schwer. Um 18:15 Uhr habe ich es endlich geschafft. Leider nerven hier die Mücken ordentlich. So verkrieche ich mich recht bald. Eigentlich, an so einem schönen Abend, viel zu schade, aber zerstechen lassen will ich mich auch nicht.
Tag 132: 22.08.2013 noch 45,7 von 2186 Meilen
Der Vollmond hat die Nacht noch lange in mein Zelt geleuchtet. Am Morgen gab es einen wunderschöner Sonnenaufgang. Da wir vor zwei Tagen ja fünf Meilen mehr gegangen sind, war die heutige Etappe um so kürzer. In 6,1 Meilen sollten die ersten sechs geplanten Tage in der Wildnis enden. Auch mein Essenvorrat ist aufgebraucht. Zum “White House Landing”, einem Hostel mit rundherum Versorgung, muss man noch eine zusätzliche Schleife von 0,9 Meilen machen. Am Ende dieses Weges kommt man an einen Bootsanleger. Von dort kann man die Häuser auf der anderen Seite des Sees schon sehen. Jetzt muss man nur irgend wie dort rüber kommen. An einem Baum hängt darum auch eine Gaströte, um sich bemerkbar zu machen. Keine zehn Minuten später hat man uns mit dem Motorboot abgeholt. Allein diese Herberge ist schon eine eigene Story auf dem Trail wert. Zum Mittag gibt es erst einmal den größten und wohl besten Hamburger, den ich die letzten vier Monate gegessen habe. “Coole” Duschräume. Allein die Einrichtung im Haupthaus – einfach klasse dieser Ort. Nur, wie gesagt, kein Strom. Für mich kein Wifi. Die Lampen werden mit Petrolium oder Gas betrieben, ader in unserem Bunkhouse gibt es gar keine Lampen. Nach dem Essen gehört die große Hängematte draußen zwischen den Bäumen erst einmal für zwei Stunden mir. Wir müssen hier noch einmal Verpflegung für zwei Tage aufnehmen. Im Baxter State Park gibt es dann noch einmal einen kleinen Laden. Von hier soll Morgen in vier Tagen der Trail zu Ende sein.
Am Abend mache ich mit einem der Kanus allein noch eine Ausfahrt auf dem See die Küste entlang. Den Rest des Tages kommen hier keine weiteren Hiker an. Sybil und ich bleiben die einzigen Gäste für heute. Vor drei Tagen sollen sie hier mit 18 Leuten gewesen sein.
Tag 131: 21.08.2013 noch 51,8 von 2186 Meilen
Heute konnten wir es ruhig angehen lassen. Es sollte ganze 11 Meilen weiter gehen. So war ich nach dem Frühstücken am Wasser auch erst um 9:00 Uhr fertig. Der Weg ist wirklich ziemlich flach. An manchen Stellen könnte man meinen, man geht hier durch einen Park. Die ersten drei Meilen sind sogar schon nach einer Stunde geschafft. Auch hier durch die Wildnis führen einige Schotterstraßen. Und so konnten wir es kaum glauben,- wir hatten keine fünf Minuten vorher erst eine Pause gemacht. Hier überfällt man uns mit dem vielleicht letzten Trail-Magic. Den total süßen Kuchen mochte ich zwar gar nicht, doch die zwei Dosen eiskalte Sprite habe ich dafür um so mehr genossen. Ich werde die letzten zwei Meilen wieder ziemlich langsam. Die Strecke ist dann aber um 15:00 geschafft. Es bleibt noch genügend Zeit, um zwei Mal ins Wasser zu gehen, und in der Sonne zu liegen. Am Strand hier liegt sogar ein Kanu. Richtige Paddel fehlen aber. Statt dessen hat hier einer ne Schaufel hingelegt. Ist vielleicht sogar stabiler. Eine kleine Runde drehe ich damit noch nach dem Sonnenuntergang in der Bucht vor dem Campground. Heute Nacht ist wieder einmal Vollmond. Schade, dass ich keine richtig gute Kamera dabei habe.